Datum: | 12.07.2023 |
Uhrzeit: | 13:00 - 14:30 |
Ort: | online |
Neue Technik, alte Probleme – kann eine digitale Rechenschaftspflicht bei der Bargeld- und Gutscheinhilfe helfen, die richtigen Weichen zu stellen?
Das System der humanitären Hilfe durchläuft einen digitalen Wandel, der in erster Linie von dem Wunsch angetrieben wird, den Sektor effizienter, effektiver und haftbarer zu machen. Digitale Werkzeuge und die großen Datenmengen, die sie produzieren, sollen komplexe Prozesse rationalisieren und letztlich mehr bedürftige Menschen mit weniger Mitteln erreichen. Trotz der Bestrebungen, die Entscheidungsfreiheit der Menschen in der humanitären Hilfe zu stärken, werden die Betroffenen nur selten in die Diskussionen eingebunden, geschweige denn in technologiebezogene Entscheidungen. Und für die am meisten gefährdeten Menschen mit geringen (digitalen) Kenntnissen scheinen solche Gespräche sogar völlig unerreichbar zu sein.
Gleichzeitig unterstreicht der kürzlich aktualisierte Leitfaden des Inter-Agency Standing Comitees (IASC) die Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit personengebundenen und nicht-personengebundenen Daten von Menschen auf sichere, ethische und effektive Weise. Der Leitfaden nimmt eine starke Risikoperspektive ein, indem er sich darauf konzentriert, „keinen digitalen Schaden anzurichten“ („doing no digital harm“) , und gleichzeitig den Nutzen von Daten zu maximieren und ein kollektives Handeln im gesamten humanitären System anzustreben. Darüber hinaus wird ein prinzipienbasierter Ansatz befürwortet, um die Transparenz zu erhöhen und die Rechenschaftspflicht gegenüber betroffenen Bevölkerungsgruppen zu stärken. Der Leitfaden lässt jedoch Raum für Interpretation, wie dies erreicht werden soll. Das ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass der humanitäre Sektor nach wie vor Schwierigkeiten hat, die Menschen über grundlegendste Aspekte der Bargeldprogramme zu informieren. Oder aber Menschen zu ermöglichen, sich angemessen mit der erhaltenden Hilfe auseinanderzusetzen und sie mit zu gestalten. In Nord-Ost-Nigeria beispielsweise wissen 66 % der Hilfsempfänger*innen von Bargeld- und Gutscheinhilfe (Cash and Voucher Assistance, CVA) nicht, wie lange sie die Unterstützung erhalten werden. In Somalia weiß nur eine*r von vier Empfänger*innen, wie die Bargeld- und Gutscheinhilfe genutzt wird.
Bevor wir Probleme aus der Offline-Welt in einer Online-Umgebung wiederholen, ist es an der Zeit, die richtigen Grundlagen zu schaffen. Wie gut müssten Menschen, die von einer Krise betroffen sind, die Verwendung ihrer Daten verstehen, damit sie überhaupt befähigt sind, eine Organisation zur Rechenschaft zu ziehen? Auf welche Weise kann Technologie dazu beitragen, dass der Sektor mehr Verantwortung übernimmt, und welche Risiken birgt dies? Wie können oder sollten wir über Technologie und Rechenschaftspflicht sprechen, wenn in einigen Teilen der Welt die große Mehrheit der von einer Krise betroffenen Menschen offline bleibt, während die Betroffenen in anderen Teilen darum bitten, virtuell verbunden zu sein?
Die Diskussion über digitale Rechenschaftspflicht ist zwar sehr länder- und kontextabhängig. Sie ist dennoch längst überfällig.
Manu Samuel Seth (Jireh Doo Foundation),
Serhii Shmyhol (Right to Protection),
Hannah Miles (Ground Truth Solutions),
Rory Crew (CALP Network),
Andrea Düchting (CHA)
wollten genau darüber sprechen, von täglichen Realitäten lernen und damit beginnen, die richtigen Grundlagen zu schaffen.
Format: Zoom Webinar in Kooperation mit Ground Truth Solutions und CALP Network
Sprache: Englisch
Sollten Sie die Aufnahme der Veranstaltung nicht unten eingebettet sehen, können Sie das Video auch direkt auf unserem Youtube Kanal ansehen.